Balduinus, Franciscus / François Baudouin

Frankophoner Jurist und Theologe aus den Südlichen Niederlanden

Arras, 1. Januar 1520 – Paris, 24. Oktober 1573

Biographie

Der Vater von François Baudouin, der dem artesischen Adel angehörte, war als Fiskalanwalt beim Rat von Artesien tätig. Sein Sohn François studierte Jura in Löwen und Paris. 1542 liess er sich als Anwalt in Arras nieder, wurde aber noch im selben Jahr der Ketzerei angeklagt. Seine hohe Abstammung rettete ihn offenbar nicht, denn er wurde zu ewiger Verbannung und Einziehung all seiner Güter verurteilt. Darauf folgte ein ruheloses Leben, wobei er manchen Berichten zufolge sieben Mal die Konfession wechselte. 1545 und 1547 unterhielt er in Genf gute Beziehungen zu Kalvin, bis er auf Bitten seiner Mutter diese Beziehung verbrach. Von 1548 bis 1555 war er als Professor in Bourges tätig, wo er 1549 auch die Doktorwürde empfing. Nach einer Professur von einem Jahr in Strassburg wurde er 1556 Professor in Heidelberg, wo er wesentlich zu Wachstum und Blüte der Universität beigetragen zu haben scheint. Auch Ludwig von Nassau gehörte zu seinen Zuhörern. 1561 zog er wieder nach Frankreich, wo König Anton von Navarra ihn bat, eine Mittlerrolle zwischen den Katholiken und Protestanten zu spielen, u.a. in dem so genannten Konfessionsgespräch von Poissy. Ähnliche Ideen lebten auch bei Oranien und anderen hohen Adligen in den Niederlanden. Sie brachten Maximilian von Bergen, den Erzbischof von Kamerich, dazu, die Verurteilung von Baudouin am 27. Mai 1563 aufzuheben, nachdem dieser seinen kalvinistischen Ideen abgeschworen hatte. Dies ermöglichte es der Obrigkeit, ihn am 1. September zum Professor der Rechtswissenschaft an der Universität von Douai zu ernennen. Auf Betreiben Ludwigs von Nassau hatten Wilhelm von Oranien und Baudouin eine Unterredung, da sie beide für das Nebeneinander der verschiedenen Konfessionen eintraten. Oranien hatte offenbar die Absicht, Baudouin in den Geheimen Rat aufnehmen zu lassen, um den von ihm befürworteten Konfessionsfrieden zu unterstützen. Es gelang dem Prinzen jedoch nicht, diesen Plan durchzusetzen. Baudouin legte in Douai einen glühenden Katholizismus an den Tag. Er machte sich sogar auf, den Herzog von Alba bei dessen Ankunft in den Niederlanden zu begrüssen. Nach der Verhaftung von Egmont und Horne fuhr der Schreck ihm in die Knochen und befürchtete er, einen Sitz im Rat der Unruhen einnehmen zu müssen, genau so wie Delrio und Vargas. Darum verschwand er und floh nach Frankreich. Dort wurde er 1569 Professor in Angers. Während des Blutbades der Bartholomäusnacht und danach stand er Todesängste aus, in der Furcht, selbst den Mordanschlägen zum Opfer zu fallen. Als er gebeten wurde, diese Liquidation von Protestanten zu rechtfertigen, kostete es ihn alle seine Überredungskunst, um diese Aufgabe nicht übernehmen zu müssen. Im Dienst des Herzogs von Anjou sollte er diesen in dessen neues Königreich Polen begleiten, Baudouin starb aber, bevor es dazu kam.

Anton van der Lem

Übersetzt von Gisela Gerritsen

Literatur

A.J. van der Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden II (eerste stuk) (Haarlem, 1853) 79-82

Allgemeine Deutsche Biographie 2 (Leipzig, 1875) 16 (Roderich von Stintzing)

Biographie Nationale de Belgique I (Bruxelles, 1866) 842-847 (C. Rahlenbeck)

Nationaal Biografisch Woordenboek : nicht erwähnt

Neue Deutsche Biographie : nicht erwähnt

Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek : nicht erwähnt

Nouvelle Biographie Nationale : nicht erwähnt

Concordia o tolleranza? : François Bauduin (1520-1573) e i “Moyenneurs” / Mario Turchetti. – Milano : Angeli, 1984. – 649 p. : ill. ; 22 cm. – (Filosofia e scienza nel cinquecento e nel seicento. Serie I, Studi ; 24). Lit. opg.: p. [599]-621. – Index.

François Bauduin : (1520-1573) : Biographie eines Humanisten / [von] Michael Erbe. – Gütersloh : Mohn, 1978. – 312 p. : ill. ; 24 cm. – (Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte ; Bd. 46) Includes letters to and from F. Baudouin, chiefly in Latin. – Oorspr. Habilitationsschrift Berlijn 1973/1974. – Oorspr. Habilitationsschrift Berlin, Freie Universität. – Met index. – Bibliography of F. Baudouin’s works: p. 210-239. – Bibliography: p. 294-306. ISBN 3-579-04307-2

Robert Fruin, ‘Het voorspel van den Tachtigjarigen Oorlog’, in: idem, Verspreide Geschriften I (Den Haag , 1900), pp. 347 vlg., 355; VII, pp. 73-80.

Hvgonis Grotii Annales et historiæ de rebvs Belgicis. – Amstelædami, : ex typographejo Joannis Blaev, 1657. – [16], 569, [22] p. : portr. ; in-2. – *-2* 4 A-4E 4
Uitg. bezorgd door Cornelius en Petrus Grotius. Zie p. 18.